Sprachabrüstung

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„Was ich in meinem Leben will, ist Einfühlsamkeit, ein Fluss zwischen mir und anderen, der auf gegenseitigem Geben von Herzen beruht.“ Mit diesem Satz umriss der amerikanische Sprachforscher Marshall Rosenberg das Kursprogramm in seinem 1984 gegründeten Zentrum für „Gewaltfreie Kommunikation“. Er selbst hatte als Kind viele Rohheiten einstecken müssen. Diese schmerzhaften Erfahrungen lehrten ihn zu verstehen, dass Gewalt, die gleichermaßen erwidert wird, nichts Anderes hervorruft als wieder Gewalt - eine Spirale des Leidens. Der Anfang des gegenseitigen Gewaltausübens begann für ihn sehr oft mit der Sprache, vor allem mit der täglichen Umgangssprache. Unbedacht geredet ist nicht selten der Grund für vielfältige Zerwürfnisse und für zerstörtes Glück. Gespräche und Verhandlungen, die mit der Absicht der Aburteilung oder Niederlage des Gegenübers begonnen werden, führen zu Ablehnung und Unfrieden. Das Vorurteil über den Gesprächspartner ist wie eine Falle, in der man selbst festsitzt. Besonders bei unerwarteten Konfrontationen, die einem befürchten lassen, den Kürzeren zu ziehen, entwickelt sich ganz schnell ein unkontrollierter Schlagabtausch, dessen Folgen man sich dann hätte lieber sparen können. Erfolgreiche Gespräche und Auseinandersetzungen müssen mit dem Zuhören, dem Hinhören und dem Nachempfinden der Sorge des anderen beginnen. Damit verbessert sich die Chance, dass auch der eigene Standpunkt Gehör findet und dem Gespräch eine gegenseitige Zufriedenheit nachklingt. Zugegeben, das braucht Disziplin, ist aber letztendlich dem Respekt eines jeden Menschen gegenüber geschuldet.

Für unsere Bundespolitikerinnen und -politiker, die momentan zwischen einem nicht immer nur fein geführten Wahlkampf und den beginnenden Koalitionsverhandlungen stehen, ist dies eine sehr reelle Herausforderung. Es geht um unsere Zukunft und es geht nicht zuletzt auch um das Vorbild eines versöhnten Miteinanders in unsrer Gesellschaft. Auch Sprache bedarf mitunter der „Abrüstung“.

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